QuNET
Bonn | 10. August 2021

Erste quantengesicherte Videokonferenz zwischen zwei Bundesbehörden

Initiative QuNET demonstriert hochsichere und praxisnahe Quantenkommunikation
In Bonn haben heute erstmals zwei deutsche Bundesbehörden quantengesichert per Video kommuniziert. Das Projekt QuNET, eine vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF geförderte Initiative zur Entwicklung hochsicherer Kommunikationssysteme, zeigt damit, wie Datensouveränität in Zukunft gewährleistet werden kann. Diese Technologie ist nicht nur für Regierungen und Behörden wichtig, sondern auch, um Daten des täglichen Lebens zu schützen. Physikalische Prinzipien dienen als Grundlage der neu entwickelten Kommunikationssysteme. Neben der Verschlüsselung ist auch die Aufdeckung von Lauschangriffen ein wichtiges Anliegen. Wird ein solcher Angriff entdeckt, verwirft die Technologie den sogenannten Schlüssel und erzeugt einen neuen. Mittels dieser Strategie wird eine langfristige Datensicherheit gewährleistet.

 
Es war ein Vorgeschmack auf die Kommunikation der Zukunft – oder besser: die »Datensicherheit« der Zukunft. Denn als Bundesforschungsministerin Anja Karliczek heute zu einer Videokonferenz mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) einlud, war zumindest augenscheinlich für den Außenstehenden alles beim Alten. Gemeinsam mit Andreas Könen, Abteilungsleiter CI »Cyber- und IT-Sicherheit« im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) und BSI-Vizepräsident Dr. Gerhard Schabhüser unterhielt sich die Ministerin via Videostream.
Anja Karliczek (BMBF) und Martin Schell (Fraunhofer HHI) bei der Pressekonferenz und Demonstration der ersten quantengesicherten Videokonferenz zwischen deutschen Bundesbehörden. (© BMBF)

Diese  Videokonferenz schlägt ein neues Kapitel in der hochsicheren Kommunikation der Zukunft auf. Denn was das Auge nicht sieht: Verschlüsselt wurde das Gespräch nicht mit herkömmlichen Methoden, sondern mittels Lichtquanten. Der Clou dabei: Versucht ein Angreifer auf die zur Datenübertragung verwendeten Schlüssel zuzugreifen, so werden die Lichtteilchen manipuliert. Dies kann von Sender und Empfänger bewiesen und ein Abhörversuch damit verhindert werden. Der Nachweis beruht dabei auf physikalischen Prinzipien. Wurde ein Lauschangriff entdeckt, wird der Schlüssel verworfen und ein neuer erzeugt. Mittels dieser Strategie wird eine langfristige Sicherheit der vereinbarten Schlüssel erreicht. Damit wird ein neuer Meilenstein für die Vertraulichkeit von Daten in einer digitalen Welt erreicht.

Ein neues Kapitel für die hochsichere Kommunikation der Zukunft

Notwendig wird diese sogenannte »Quantenkommunikation« insbesondere vor dem Hintergrund künftiger technologischer Entwicklungen: Quantencomputer und neue Algorithmen werden voraussichtlich in Zukunft in der Lage sein, bisher übliche Methoden zur Datenverschlüsselung zu knacken. Nach dem Motto »Store now, decrypt later« (dt.: »Jetzt speichern, später entschlüsseln«) können bereits heute Daten abgespeichert und später, z. B. mithilfe leistungsfähigerer Rechner, ausgelesen werden.

Bedroht sind davon insbesondere Daten mit langfristigem Schutzbedarf, also jene Daten, die für Hacker auch in entfernter Zukunft noch von großem Wert sein werden. Dies beinhaltet nicht nur Informationen von Regierungen und Behörden, sondern auch Unternehmensgeheimnisse oder personenbezogene Gesundheitsdaten von Bürger:innen.

Hierzu erklärte Bundesforschungsministerin Anja Karliczek:

»Quantenkommunikation ist eine der entscheidenden Schlüsseltechnologien in der IT-Sicherheit und kann uns für zukünftige Bedrohungsszenarien rüsten. Das ist wichtig, denn Sicherheit und Souveränität im Netz sind Voraussetzungen für eine stabile Demokratie. Ich habe daher vor zwei Jahren die QuNET-Initiative ins Leben gerufen. Sie ist ein wichtiger Motor zur Umsetzung von Forschungsergebnissen aus der Grundlagenforschung zur Quantenkommunikation in alltagstaugliche Systeme. Ziel ist es, mit den Arbeiten von QuNET und den weiteren durch das Bundesforschungsministerium geförderten Vorhaben im Bereich der Quantenkommunikation die Basis für ein Ökosystem von Hersteller:innen und Anbieter:innen von Quantenkommunikationslösungen in Deutschland zu schaffen. So bringen wir die innovativen Technologien und Komponenten zeitnah in die breite Anwendung.«

Um die Privatsphäre von Bürgerinnen und Bürgern sowie Staaten und Unternehmen auch in Zukunft schützen zu können, gibt es schon heute einen großen Handlungsbedarf. Dabei geht es nicht allein darum, neue und hochsichere Kommunikationssysteme basierend auf Quanten-Knowhow zu entwickeln, sondern auch Wege zu finden, diese neue Technik in bereits bestehende IT-Infrastrukturen (z. B. Glasfaserkabel) einzubinden sowie etablierte kryptografische Verfahren zu berücksichtigen. Eine besondere Herausforderung besteht zudem bei großen Distanzen. Hier können Satelliten eine zentrale Rolle spielen.

Eine Wissenschaftlerin macht letzte Einstellungen an der Laboraufbau.
In QuNET forschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler daran, unsere Kommunikation mittels Lichtquanten sicher gegen Lauschangriffe zu machen. (© Fraunhofer IOF)
Aufbau der Geräte am BMBF.
Heute wurde nun erstmals eine quantenverschlüsselte Videokonferenz zwischen dem BMBF und dem BSI hergestellt. Hier im Bild: der Technikaufbau auf Seiten des BMBF. (© Fraunhofer IOF)
Aufbau der Geräte am BSI.
Am anderen Ende der quantenverschlüsselten »Leitung«: die Aufbauten auf Seiten des BSI. (© Fraunhofer IOF)

Langfristige Datensicherheit durch Verschlüsselung mit Quanten

Die QuNET-Initiative verfolgt das Ziel langfristige Datensicherheit zu ermöglichen. Auf dem Weg dorthin haben die Forscherinnen und Forscher aller beteiligten Institute nun die erste quantenbasierte Videokonferenz zwischen dem BMBF und dem BSI in Bonn realisiert. Im Fokus der QuNET-Arbeit steht dabei der sogenannte »Quantenschlüsselaustausch«, auch QKD genannt (kurz für engl.: »Quantum Key Distribution«). Die QKD ermöglicht den Austausch symmetrischer Schlüssel, deren Sicherheit quantifizierbar ist. Das BSI begleitet dabei die Initiative QuNET und bereitet flankierende und unabhängige Prüfkriterien in internationaler Zusammenarbeit vor.

Bereits Ende des vergangenen Jahres präsentierten die an der Initiative beteiligten Forschungsgesellschaften – die Fraunhofer-Gesellschaft, die Max-Planck-Gesellschaft sowie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) – wichtige Grundlagen für moderne und sichere Kommunikationsstandards. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben demnach ebenso die Gesamtarchitektur für Systeme zur quantensicheren Kommunikation weiterentwickelt, wie auch Möglichkeiten zum Austausch von Quantenschlüsseln über lange, mittlere sowie kurze Distanzen mittels Freistrahl- und Fasersystemen.
 
Im Aufbau der ersten quantenbasierten Videokonferenz zwischen dem BMBF und dem BSI wurden nun mehrere Freistrahl- und Fasersysteme eingesetzt. Dies entspricht einem komplexeren Szenario als einer Verbindung über einen einzigen Kanal. Neben der erstmaligen Videokonferenzübertragung versteht sich der Versuchsaufbau dementsprechend auch als ein Experiment, in welchem wertvolle Erkenntnisse für die Kommunikation in komplexen Netzen der Zukunft gewonnen werden.
 
Die vom BMBF geförderte Initiative QuNET entwickelt seit 2019 Systeme zur hochsicheren Quantenkommunikation. (© Fraunhofer IOF)
300 Meter Luftlinie trennen das BMBF und das BSI. Die Übertragung der Quantenschlüssel fand über zwei Freistrahl- sowie eine Glasfaserverbindung statt. (© Fraunhofer IOF)

Ein neues Kapitel für die hochsichere Kommunikation der Zukunft

Start: Herbst 2019
Laufzeit: 7 Jahre
Fördermittelgeber: Bundesministerium für Bildung und Forschung
Volumen: 125 Millionen Euro Förderung geplant
Beteiligte Institute: Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF, Fraunhofer Heinrich-Hertz-Instituts (HHI), Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts (MPL), DLR-Institut für Kommunikation und Navigation